Die Burgkirche in Oberwittelsbach - Rückverformung des Kreuzrippengewölbes

Kein deutsches Herrscherhaus ist so eng mit seinem Land verbunden, das der wie die Wittelsbacher. Seit 1180 regierte dieses Adelshaus ununterbrochen in Bayern bis zum Ende der Monarchie. Es stellte Herzöge, Kurfürsten, Könige und zweimal sogar den Römisch- deutschen Kaiser. Ursprung dieser Dynastie war ihre Stammburg in Oberwittelsbach. So dauerhaft, wie ihr Herrschaftsanspruch war der Stammsitz der Familie jedoch nicht. Nachdem Otto VIII. – ein Wittelsbacher – König Philipp von Schwaben im Jahre 1208 in Bamberg ermordet hatte, wurde die Hausburg geschleift und an ihrer Stelle eine „Sühnekirche“ zur Wiedergutmachung an die Bamberger Bluttat erbaut. Ihr Nachfolgebau aus dem 15. Jahrhundert dient heute noch unzähligen Besuchern als Identifikationsort der bayrischen Landesgeschichte. Diesem drohte jedoch der Verfall, als 2005 Schäden am Gewölbe des Langhauses festgestellt wurden.

Seit 2014 läuft nun die Generalsanierung, die ursprünglich im Jahre 2016 abgeschlossen werden sollte. Doch das Ausmaß der Schäden am Gewölbe trat erst im Zuge der Sanierungsarbeiten in aller Deutlichkeit zutage. Die Außenwände waren nicht mehr in vollem Umfang tragfähig und die Dachkonstruktion stark geschädigt, sodass die Wiederlager der Gewölbe nachgaben und die Lasten nicht mehr aufnehmen konnten. Risse und Verformungen waren deutliche Anzeichen für statische Probleme. In Teilbereichen hingen die Gewölbe sogar durch. Doch um die Rückverformung der Gewölbe substanzschonend durchzuführen, wurde ein Jahr lang nach einem geeigneten Verfahren und kompetenten Fachleuten gesucht.

Ab März 2019, ziemlich genau 1 Jahr war unser Team dabei, das Langhausgewölbe der geschichtsträchtigen Kirche wieder so zu stabilisieren, dass die Gewölbebögen ihre statische Funktion wieder ungehindert aufnehmen können. Dabei wurden die einzelnen Gewölbesegel und Rippen auf ein für jeden Segelbereich genau vorgegebene Stützlinie langsam angehoben, an einigen Stellen um bis zu 10 cm. Hierzu wurde bauseits ein lastabtragendes Innengerüst errichtet auf dem die zwischenzeitliche Ablastung erfolgen konnte. Die Gewölbesegel wurden mit Lattenrosten flächig ausgeformt, und über Kanthölzer abgestützt. Die Anhebung selbst erfolgte über 120 hydraulische Stempel (Wagenheber) als Pressen. Um den Hebefortschritt und die nachfolgenden Setzungsbewegungen dauerhaft überwachen zu können, wurde ein permanentes Messsystem, mit einem fest installierten robotischen Tachymeter und Sensoren auf den Gewölbekappen installiert. Hierdurch wurde eine Datenerfassung im Millimeter-Bereich mit einer 8-minütigen Aktualisierungsrate und ständiger Einsichtsmöglichkeit für alle Beteiligten in einer Cloud ermöglicht. Vor Ort konnte so jederzeit auf kleinste Schwankungen oder Unregelmäßigkeiten sofort reagiert werden. Eine Alarmüberwachung signalisierte darüber hinaus ungeplante Bewegungen des Gewölbes bei Überschreitung der vorgegebenen Grenzwerte. Nach der Hebung erfolgte die Verstärkung der Gewölberippenbögen, Ausmauerung von Fehlstellen und ein Rissverschluss. Noch mehrere Monate nach Rückbau der Abstützkonstruktion wurde die Permanentüberwachung des Gewölbes fortgesetzt, um etwaige Bewegungen zu erkennen. Außer einem auffälligen Wert, der durch einen beschädigten Messpunkt entstand, wurden hierbei keinerlei Nachsetzungen festgestellt.

Für die Sanierung der Burgkirche Oberwittelsbach erhielt das Staatliche Bauamt Augsburg gemeinsam mit dem ausführenden Architekturbüro Wolfrum und Römer im September 2020 den Bayerischem Denkmalpflegepreis 2020 in Gold.